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Gerichtsurteil in den Niederlanden Oma muss Facebook-Foto ihres Enkelkinds löschen

Mit Verweis auf die DSGVO hatte die Mutter des Kindes gefordert, dass die Großmutter die Bilder löschen muss. Experten warnen grundsätzlich davor, Kinderfotos offen im Netz zu veröffentlichen.
Keine rein "private" oder "haushaltsbezogene" Aktivität (Archivbild)

Keine rein "private" oder "haushaltsbezogene" Aktivität (Archivbild)

Foto: Robert Przybysz/ imago images/Panthermedia

Ein Gericht in den Niederlanden hat entschieden, dass eine Großmutter nicht einfach Bilder ihrer Enkel im Internet veröffentlichen darf. Das Urteil bezieht sich unter anderem auf die EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).

Begonnen hatte alles mit einem Streit zwischen einer Frau mit drei Kindern und ihrer Mutter, die vor der Auseinandersetzung ein Jahr keinen Kontakt gehabt haben sollen. Die Oma soll das Foto eines der drei Kinder ohne Einverständnis der Eltern auf Facebook und ein Foto der anderen Enkelkinder auf der Fotoplattform Pinterest veröffentlicht haben.

Das Gericht beurteilt das Hochladen der Enkelbilder als einen Verstoß sowohl gegen das Landesdatenschutzrecht als auch gegen die europaweit geltende DSGVO. Die Begründung: Die Oma habe kein Sorgerecht und es handle sich um keine rein "private" oder "haushaltsbezogene" Aktivität, die Bilder bei Online-Plattformen zu veröffentlichen. Es sei unklar, ob die Fotos etwa über Suchmaschinen wie Google gefunden werden könnten. Damit greift laut dem Urteil auch die DSGVO.

50 Euro täglich für verpasste Frist

Das Gericht hat der Oma eine Frist von zehn Tagen gesetzt, um die Bilder zu löschen. Für jeden weiteren Tag, an dem die Fotos im Netz bleiben, muss sie eine Strafe von 50 Euro bis zu einem Maximalbetrag von 1000 Euro bezahlen. Die Gerichtskosten werden unter den zerstrittenen Parteien aufgeteilt.

Die Klägerin hatte laut Gerichtsakten  die Oma zuvor wochenlang ermahnt, Fotos der Enkel bei Facebook und Pinterest zu löschen. In einem Brief an die Oma schreibt die Frau unter anderem: "Du wurdest mehrfach von der Polizei in (…) aufgefordert, die Fotos von meinen minderjährigen Kindern auf deinen Social-Media-Kanälen zu entfernen." Da sie nicht auf die Forderungen reagiert haben soll, sei die Mutter vor Gericht gegangen.

Das Gericht ließ die Verteidigung der Oma nicht gelten, dass das Foto des Enkelkindes bei Facebook einen besonderen emotionalen Wert für sie gehabt habe, da das Kind sieben Jahre bis April vergangenen Jahres bei ihr und dem Opa gelebt hatte. Das Sorgerecht für das Kind sei auch in dieser Zeit bei der Mutter und ihrem Ex-Partner verblieben, der ebenfalls die Löschung gefordert habe. Das Sorgerecht für die anderen beiden Kinder liegt allein bei der Mutter.

Anwalt warnt davor Kinderbilder hochzuladen

Das Urteil ist für Anwalt Markus Schließ keine Überraschung. "Das würden Richter in Deutschland genauso entscheiden", sagt der Datenschutzexperte im Gespräch mit dem SPIEGEL. "Eltern dürfen bestimmen, wo die Bilder ihrer Kinder veröffentlicht werden." Allerdings wundere er sich, warum die DSGVO herangezogen wird. "Es handelt sich bei diesem Fall eher um einen privaten und nicht um einen gewerblichen Bereich." Die DSGVO regelt vor allem den Datenschutz bei Unternehmen.

Grundsätzlich warnt Schließ davor, die Bilder seiner Kinder online zu stellen. "Es kann nichts Schlimmeres geben, als Fotos von Minderjährigen im Internet zu verbreiten", sagt der Anwalt. "Davon rate ich dringend ab." Er hoffe, die Zeiten seien vorbei, in denen Eltern "ihre tolle Familie im Internet zeigen und Nackedei-Fotos ihrer Kinder vom Strand hochladen". Solche Bilder könnten "ganz schnell auf Kinderpornoseiten landen".

Datenschutz-Grundverordnung - endlich verständlich

Die Verordnung soll den Datenschutz in der EU vereinheitlichen und ins Internetzeitalter befördern. Sie ersetzt eine EU-Richtlinie, die noch aus der Frühzeit des World Wide Web stammt, nämlich aus dem Jahr 1995. Der offizielle Name der Datenschutz-Grundverordnung lautet deshalb auch "Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG". Die neue Verordnung gilt nun für alle gleich, während die Richtlinie den Mitgliedstaaten mehr Spielraum ließ.

Foto: EMMANUEL DUNAND/ AFP

In 99 Artikeln  regelt die neue Verordnung, wie Unternehmen und Behörden, aber zum Beispiel auch Vereine mit personenbezogenen Daten umgehen sollten. Im deutschsprachigen Netz wird über die Verordnung vor allem unter der Abkürzung DSGVO diskutiert, auf Englisch ist der Name General Data Protection Regulation, kurz GDPR, geläufig.

Inhaltlich ist die Verordnung kein kompletter Neuanfang. Vielmehr baut sie auf der bisherigen Richtlinie und den nationalen Gesetzen auf, etwa dem deutschen Bundesdatenschutzgesetz. Auch in der EU-Grundrechtecharta sind Datenschutzrechte verankert, die die Verordnung aufgreift.

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